Auch wenn hier viel zu lange nichts passiert ist, ist es nicht so, dass ich nicht geschrieben habe. Nur eben nicht hier. Gestern benötigte ich zum Schreiben ausnahmsweise wieder Papier und meinen Füller samt Tinte.
Papier war allerdings aus, die Patrone zeigte bedrohlich wenig Tinte an. So dachte ich mir: ein Anlass, um mit der Hand zu schreiben, der will gefeiert sein. Also auf in den nächsten mir bekannten Laden, in dem es Papier und Tinte gibt. Der Laden, der mir sofort einfiel (nicht weil ich ihn regelmäßig besuche, sondern weil er in der Nähe meiner Bank liegt), hat viele Fenster, die mit bunt bedruckten Karten, Büttenpapier und aufwendigen Schreibutensilien dekoriert sind.
In dem Laden findet sich eine kleine Sitzecke, in der Kaffee und vor allem Tee getrunken wird. Tee gibt es in dem Laden auch zu kaufen. Kaffee, soweit ich gesehen habe, nicht. Die Tische in der Sitzecke sind klein, man kann an ihnen also nicht richtig schreiben. Die Kaffee- und Teeecke ist also eine zum bloßen Verweilen.
In dem Laden gibt es ferner ein paar Bücher auf einem zentralen Auslagetisch, auf dem in Feinkostläden besonderes Gebäck und Marzipanschweinchen präsentiert werden. Die Bücher, die dort lagen, nennt man im Fachjargon Geschenkbücher. Sie sind hübsch bedruckt, einige sind aus handgeschöpftem Papier – irgendwie Ratgeberliteratur, die sich mir nicht erschließt.
Wenn ein Mann den Laden betritt, scheint das bemerkenswert. Aus den Blicken der Frauen vor und hinter dem Tresen sprach offensichtlich Erstaunen. Eine ältere Dame begrüßte mich freundlich: „Sie suchen sicher ein Geschenk.“ „Danke, ich komm schon zurecht.“
Kam ich aber nicht. Die Aufstellung der Notizbücher überforderte mich, weil sie über verschiedene Wände verteilt waren. Meiner Meinung nach normale Hefte wurden in einem Regal präsentierte, in das außer mir kein in dem Moment im Laden anwesender Mensch problemlos einen Blick hätte werfen können. Die Auswahl an meiner Meinung nach normalen Notizbüchern war eher mau (blanko fand ich gar nicht). Dafür waren die Umschläge der vorrätigen Bücher umso vielfältiger. Dummerweise stehe ich jedoch bei Notizbüchern eher auf farbliche Einfalt, sicher nicht auf neon oder betont-natur-rot-orange-was-weiß-ich. Immerhin aber wurde ich fündig (liniert).
Schwieriger gestaltete sich die Suche nach der Tinte. Schließlich gab ich auf und fragte die freundliche Dame. Meiner Meinung nach normale Fünfer-Patronenpäckchen, wie ich sie seit meiner Schulzeit kenne, schien es gar nicht zu geben. Sie wurden mir zumindest nicht angeboten. Dafür aber viele kleine Tintenfässchen, die mich ein wenig an Revell-Farbtöpfchen erinnerten: „Ne, ganz normale Parker-Patronen. In schwarz.“ „Parker haben wir nicht, aber dahinten sind welche, die müssten auch passen.“ Ich habe dann nur drei Notizbücher gekauft.
Am letzten Wochenende habe ich ein Seminar zur Interkulturellen Literaturwissenschaft gegeben. In den Erzählungen und Romanen, die wir behandelt haben, werden viele Fremdheitserfahrungen verarbeitet, die sich in erster Linie durch Migration oder durch steten Wechsel der Lebensstationen ergeben. An einem Ort Fremdheit zu erfahren, der mir an sich seit der Grundschulzeit vertraut schien, hat mich noch mehr beeindruckt als die literarischen Schilderungen.
Wie sich Umstände, Dinge und Menschen unter der Hand ändern…
Danke für diese anschauliche Schilderung.