Morgen liest Albert Ostermaier bei Uni TiLt, einem Projekt des Stadttheaters und des Germanistik-Instituts in Gießen. Über Ostermaier wird viel geschrieben. Kritiker schätzen ihn, er bekommt viele Preise (heute den Brecht-Preis der Stadt Augsburg) und er hat offenbar auch viele Leser. Das ist für einen Schriftsteller, der mehrheitlich Lyrik und Dramatik verfasst, nicht selbstverständlich. Ostermaier ist zudem auch vielfach Gegenstand literaturwissenschaftlicher Arbeiten.
Was, so scheint mir, dagegen nur selten beachtet wird, ist die feine Ironie, die sich aber nicht nur durch viele seiner Texte zieht, sondern die sich auch schon auf manchen seiner Schutzumschläge und in den Titeln seiner Bücher widerspiegelt.
So bezieht sich der Titel Heartcore nicht nur ironisch auf ‚hardcore’, also in erster Linie auf Metall oder Drum’n’Base, die beide zum ‚Herz’ so gar nicht passen wollen. Das Titelblatt des Buches nimmt die Musik-Assoziationen auf, indem auf das Titelblatt (wie auch bei mehreren anderen Büchern Ostermaiers) ein runder, schwarzer Aufkleber gepappt ist – mit dem Hinweis „mit HEARTCORE CD“. Damit wird der auf CD-Hüllen in den 90ern übliche Hinweis „mit Textbooklet“ oder „Lyrics mit deutscher Übersetzung“ ironisch verkehrt: Bei Heartcore sind die Gedichte der Kern und die CD das Bonusmaterial. Im Unterschied zu den meisten umfangreichen CD-Booklets der 90er aber, bekommt der Hörer der CD von Ostermaier nicht nur den Kern in einem neuen Medium präsentiert, sondern ein eigenständiges Kunstwerk, das die Lyrik regelrecht remixt. Eigentlich schade, dass das eine solche Wertschätzung des ‚Beiwerks‘ bei keiner meiner längst eingestaubten CDs zu finden ist.