Von morgen an findet in Frankfurt die Plenartagung der AG Germanistische Edition statt. Uwe Wirth und ich werden dort ein Panel gestalten und einige Thesen unserer Überlegungen zu Konjektur und Krux aus den vergangenen Jahren vorstellen.
Hintergrund unserer Arbeiten waren semiotische Beobachtungen von Uwe Wirth und philologiegeschichtliche Beobachtungen von mir, die auf das selbe Ergebnis hinauslaufen: Was eine philologische Konjektur ist, das lässt sich weder historisch noch methodologisch präzise fassen.
Daraus lassen sich zwei Thesen ableiten. Die erste lautet: Eine Grenzziehung zwischen Emendation und Konjektur ist oftmals problematisch. Die zweite These lautet: Philologie (und das heißt nicht nur, aber eben auch: Editionsphilologie) ist ohne Hypothesenbildung und aus dieser hervorgehender Konjekturbildung nicht möglich.
So provozierend diese Thesen für viele Philologen sein mögen: Ich bin weiterhin optimistisch, dass mittels der Diskussionen, die wir bereits um das Thema geführt haben und nun in Frankfurt fortsetzen, die von mir immer wieder wahrgenommene Kluft zwischen Editionsphilologie und Literaturwissenschaft (und hier insbesondere Literaturtheorie) verringert werden kann. Nur mittels am Material geschulter Reflexion können die theoretischen Positionen der Gegenwartsphilologie überprüft werden. Es ist nicht hinreichend, ein Loblied auf die Philologie als Textpflege bzw. als text curatorship zu singen, wenn man sich keine Mühe macht, sich präzise mit den theoretischen und methodischen Voraussetzungen dieser Pflege auseinanderzusetzen.