Theateradaptationen

22. November 2025

Gestern war ich mal wieder im Theater und habe mir in Münster die Bühnenadaptation von Kay Matters Muskeln aus Plastik angesehen. Matters Buch, eine romanhafte Textcollage mit Fußnoten und anderen Paratexten, verweigert sich eine linearen Lektüre. Romanadaptationen sind im Gegenwartstheater keine Seltenheit. Wenn aber die Linearität des Textes durch Paratexte durchbrochen wird, fordert das Theateraufführungen offenkundig heraus. Nun ist es natürlich nicht so, dass moderne Theaterinszenierungen einfach Handlungsabfolgen darstellen. Aber zumindest wenn die Inszenierung die Buchvorlage darauf reduziert, obwohl diese weit komplexer komponiert ist, gerät die Inszenierung in Schieflage. Falls sich noch andere Theater den Text vornehmen, wird es spannend zu sehen, welche Lösungen sie für diese Herausforderung wählen.


… im Wasser dort

7. Oktober 2025

Nur drinnen ist Friede, im Wasser dort, das keiner sieht,

doch auf den Außenwänden tobt der Kampf.

Und der Friede kann tropfenweise kommen, vielleicht nachts,

wenn wir nichts wissen,

oder wie wenn man in einem Krankenzimmer am Tropf hängt.

(aus: Tomas Tranströmer: Ostseen (1974))


Theater und Archiv

8. November 2021
Am Donnerstag veranstalte ich einen kleinen Online-Workshop über "Theater und Archiv" am DLA Marbach. Nachdem ich vor wenigen Tagen im Museum für Fotografie die Ausstellung "Theater im Sucher" über Ruth Walz besucht habe, stellt sich mir jetzt die Frage, wie sich das Verhältnis von Theaterfotografie und Textarbeit beschreiben lässt. Eins der zentralen Probleme ist dabei die Frage, in welchem Verhältnis das einzelne Text- bzw. Bildzeugnis zur Aufführung steht. Stammt es aus dem Probenprozess, von einem Pressetermin, einer regulären Aufführung? Ruth Walz' Arbeiten kennzeichnet, dass ihre Fotos oft einerseits vor dem Hintergrund präziser Kenntnisse des Inszenierungsprozesses entstanden sind und andererseits versuchen, die Zuschauerpersepktive - also die der Aufführung - einzunehmen. Das unterscheidet Walz' Blick auf die Bühne etwa von dem des Theaterkritikers (anders als es Gerhard Stadelmaier im Katalog zur Ausstellung meint). Vielleicht findet sich beim Workshop die Gelegenheit, diese Gedanken aufzunehmen und fortzuführen. 

Wirtschaftsdramatik

18. September 2021
1916 hat Franziska Gräfin zu Reventlow ihren Roman Der Geldkomplex veröffentlicht, den sie ihren Gläubigern widmet. Ironischer kann eine Autorin, ein Autor kaum eigene Schulden thematisieren und sich gleichzeitig über sie erheben. Felicia Zeller, die sich in den letzten Jahren wiederholt Fragen des Wirtschaftslebens zugewandt hat, hat den Roman jetzt dramatisiert. Sie hat dabei eine Form gefunden, die mich sehr überzeugt hat. Darüber und über die Uraufführung in Münster habe ich mir auf nachtkritik ein paar Gedanken gemacht. 

Zusammenspiel

14. Juni 2021
Am Samstag hat sich wirklich schön meine Beschäftigung mit der frühneuzeitlichen Dramatik mit meiner Theaterliebe verbunden. Zusammen mit einigen Kolleginnen und Kollegen habe ich Freitag und Samstag eine Tagung über "Spielräume des Affektiven in der Frühen Neuzeit" veranstaltet. Samstagmorgen habe ich über Gryphius' Übersetzung von Vondels Gebroeders gesprochen und u.a. zu zeigen versucht, wie in dem Stück Rachegefühle durch den Fürsten kanalisiert, aber nicht etwa unterdrückt werden, und welche Rolle Geschlechterkonnotationen für die Bewertung der Affekte haben. In der Diskussion wurde das u.a. auch in den Kontext des Trauerns und der Todesbewusstheit des 17. Jahrhunderts gestellt – ein Motiv, das natürlich in dieser Dramatik immer präsent ist. Stichwort: Ursprung des deutschen Trauerspiels.
Abends habe ich mir dann für nachtkritik.de den Stream der Inszenierung von Madame Nielsens Roman Der endlose Sommer am Schauspiel Köln angeschaut. Regisseurin Lucia Bihler hat hier in einer gewaltigen Bilderflut die barocke Liebe zum Theater, aber ebenso Motive wie das memento mori auf faszinierende Weise aufgenommen, so dass am Abend meine Überlegungen vom Morgen eine anregende Fort- und Weiterführung erfahren haben.    


Lücken schließen

22. November 2020
Habe in den letzten Jahren immer wieder festgestellt, dass ich wenig von Günter Grass gelesen habe. Katz und Maus habe ich in der Schule gelesen, Das Treffen in Telgte früh im Studium, später auch einige Romane. Als die neue Grass-Ausgabe erschien, dachte ich mir, dass ich diese Lücke jetzt endlich mal schließen muss. Zumindest in meinem Bücherregal hat sie sich ihren Platz erobert. 


Endlich wieder im Theater!

8. September 2020
Mein erster Theaterabend seit Monaten hat viel Spaß gemacht. Das lag nicht zuletzt an der guten Inszenierung von Matthias Brandts Roman "Blackbird". Meine vollständige Kritik findet Ihr auf nachtkritik.de. Da die Aufführung auch akustisch ihre Reize hat, lohnt es sich, ergänzend Martin Burkerts Kritik für den WDR zu hören.


Polit-Theater

10. Januar 2020

War gestern nach langer Zeit mal wieder für nachtkritik.de im Theater und habe in Münster ein Stück über den vor gut 15 Jahren verstorbenen Politiker Jürgen Möllemann gesehen. War nicht nur wegen des Stoffes interessant, sondern auch, weil der Stücktext sich irgendwo zwischen szenischer Biographie und Textfläche bewegt. Ob’s das überzeugt, könnt ihr bei nachtkritik.de nachlesen.