Liebe Leserinnen und Leser,
gewiss werden auch Sie langsam unruhig: Das Weihnachtsfest naht unaufhaltsam. Schon seit drei Wochen gibt es bei Aldi wieder Weihnachtsgebäck und Marzipankartoffeln und Sie haben immer noch keine Geschenke für Ihre Liebsten. Nun – zu Ostern da war’s noch leicht. Erstens schenkt man da nicht so viel und zweitens gab es im Frühjahr eigentlich nur ein Geschenk: Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel von Moritz Rinke. Doch was soll man jetzt noch schenken, wo doch alle schon den Roman haben? Hier unsere Antwort: Das Buch zum Roman. Und zu vielen unvergessenen Theaterabenden. Und über einen großartigen Reportagen-Autor und Essayisten. Und über einen Kino-Film, und, und, und …
Noch Fragen? Am Besten gleich mal schauen (hier), ob das nicht was für Sie ist!
Lieber Kai,
inzwischen habe ich den Rinke gelesen, nicht zuletzt wegen Deiner Empfehlung, und weil die erste Seite mir ausnehmend gut gefiel. Stellte aber dann beim Lesen fest, dass für mich dem Buch doch etwas fehlt, was mir auch bei Kopetzkys Der letzte Dieb, oder, um einen größeren Vergleich zu wagen, in der Schlafwandlertrilogie gefehlt hat: dass die Hauptpersonen klug sind: dass sich in ihrem Kopf was bewegt, was zu Anteilnahme und Nachvollzug einlädt, und nicht bloß zum Zugucken.
Hatte auch noch Deinen Hinweis auf die Schneekönigin im Kopf vor der Lektüre, ist mir währenddessen aber überhaupt nicht aufgefallen.
Lieber Joachim,
das ist dann vermutlich eine Frage des Geschmacks: ich schaue gerne zu und versuche lieber aus Details auf das zurückzuschließen und auch mal zu mutmaßen, was im Kopf vorgeht. Das kann gerne unklar bleiben. Wenn man so liest, sind die zugegeben kurzen Erinnerungen an Andersen auf einmal sehr vielsagend, finde ich. Diese Romane, in denen gar nichts passiert und stattdessen nur Kapitel für Kapitel in die Gedankenwelt geblickt wird, das langweilt mich auf die Dauer.
Ich meinte nicht, dass man erfahren soll, was die Leute sich denken. Sondern dass das, was sie sich denken, etwas Kluges ist. Ich mag Helden, die so clever sind wie ihre Autoren. Ob ich das an ihrem Denken sehe oder an ihren Taten, oder an ihren Dialogen oder sonstwie, das ist nicht so wichtig.
Okay, das verstehe ich. Aber ich frage mich, ob du dir damit nicht gerade komischere Formate wie den Schelmenroman selbst vorenthältst?