In den letzten Wochen habe ich den Reader „Was passiert?“ aus der Reihe „Unbedingte Universität“ gelesen. Die Mischung von Forderungskatalogen, die an verschiedenen Universitäten vor einem Jahr formuliert wurden, über einige kluge Originalbeiträge bis hin zu Nachdrucken von ein paar neueren und älteren Texten zum Thema ist sehr gelungen und abwechslungsreich.
Nur eine Frage drängt sich mir immer mehr auf: Wer hat das, was weiterhin für so viel Ärger sorgt, eigentlich zu verantworten? Ich habe inzwischen auf verschiedenen Tagungen folgendes erlebt. In gemütlicher Runde fängt auf einmal eine unbestrittene Kapazität an, über den Bologna-Prozess zu klagen. Wirklich zu viel wurde es mir, als mir vor einem Jahr ein Ordinarius ins Gesicht sagte, dass er nicht verstehen könne, warum wir ‚jungen Leute‘ nichts dagegen machten. Einmal davon abgesehen, dass ich mich nicht gerade für besonders ‚jung‘ halte: Ich habe den ‚älteren Herren‘ daraufhin gefragt, was ER eigentlich dagegen getan hat. Er ist bundesweit eine Stimme, der man zuhört. Er war in verschiedenen Gremien seiner Heimatuni und in vielen anderen Institutionen tätig. Aber gemeckert wird erst jetzt, da das Kind in den Brunnen gefallen ist. Und dann auch nicht da, wo entschieden wird. Ganz toll. Und die Kohlen sollen die aus dem Feuer holen, die sie nicht reingeschimssen haben und sich auch sonst nur die Finger verbrennen können.
Die Beiträge in dem o.g. Reader sind insgesamt wirklich gut. Aber hier findet sich wieder das gleiche Problem. Teilweise offene Polemik gegen die Bologna-Reformen und beste Anregungen, was in Zukunft besser laufen könnte. U.a. von einem ehemaligen Vordenker einer Bundesregierung und einem ehemaligen Staatsminister. Wäre ganz nett, wenn solche Artikel auch einmal mit ein bisschen Selbstkritik einhergingen und der Ankündigung, dass man beim nächsten Abendessen mit einem Wissenschaftsminster oder gleich Ministerpräsidenten die Klappe aufmachen wird und erklärt, dass es so nicht weitergeht. Wird aber nicht passieren, ich weiß. Ich darf mich also schon auf den nächsten klugen Ratschlag freuen und überlegen, ob ich mir erlaube, mehr als nur bestimmt zurückzufragen. Prost Mahlzeit!