Schillertheater Berlin

14. Februar 2016

Nachdem ich letzten Monat mit meiner Serie mit Lego-Nachbauten von bekannten Theater- und Opernhäusern begonnen und mich an der Deutschen Oper Berlin versucht habe, bin ich jetzt im Geiste einfach auf die andere Seite der Bismarckstraße zum Schillertheater gegangen. Wie viele von Euch wissen, beherbergt es seit einiger Zeit ersatzweise die Staatsoper, deren Haupthaus Unter den Linden seit 2010 (!) grundlegend renoviert wird. Eigentlich ein Wunder, dass das in der Stadt, in der das alte Ost-West-Denken immer noch sehr wach ist, nicht für mehr Widerspruch sorgt. Ein Wunder auch, wie selten bisher darüber berichtet wird, dass die Renovierung der Staatsoper längst eine Geschichte schreibt, die zumindest mich immer wieder an die des Berliner Flughafens erinnert. Doch soll uns das heute nicht betrüben.

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Das Schillertheater ist für mich ein Haus, mit dem ich wunderbare Abende verbinde. Erstmals besucht habe ich es in den 80er Jahren während einer Exkusion mit meiner Theater-AG nach Berlin. Habe keine Ahnung mehr, was da gegeben wurde. Aber ich erinnere mich genau, wie ich auf das Haus zuging. Anders als die Deutsche Oper heißt die Architektur des Schillertheaters die Gäste gleich willkommen: Egal ob man von der U-Bahn kommt und auf das Haus zugeht oder ob man mit dem Taxi vorfährt – immer wieder gefällt mir, dass das Haus ein wenig von der Straßenfront zurückgezogen liegt und so Distanz zum Alltag, die bei der Deutschen Oper durch die massive Außenwand betont wird, entsteht. Nicht die Architektur schafft die Distanz, der Zuschauer gewinnt sie, indem er über den Vorplatz auf das Haus zugeht.

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Dementsprechend kann sich das Haus innen auch ganz anders offen geben als die Oper gegenüber. Diese Offenheit spürt man schon in der Garderobe und dem Foyer, in dem Stimmen wunderbar sanft abgefangen werden, so dass sich ein Gefühl von Ruhe einstellt, wenn man auf den Einlass wartet. Unterstützt wird das von dem tollen Licht, das durch die schöne Verglasung fällt, die die Außenansicht wie auch den Innenraum prägt (und die man mit Lego nicht recht nachbauen, sondern nur andeuten kann).

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Das Haus ist der große Verlierer der Umstrukturierungen der Berliner Theaterlandschaft Anfang der 1990er Jahre. Als es als Haupthaus der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin 1993 abgewickelt wurde, begann ich gerade, regelmäßiger in Berlin ins Theater zu gehen. Deswegen kenne ich das Haus vor allem als Festspielhaus und jetzt eben als Ersatzbühne für die Staatsoper. Meine schönsten Erinnerungen verbinde ich dabei mit Inszenierungen im Rahmen des Theatertreffens – bis heute etwa erinnere ich mich an Johanna Wokalek als Emilia Galotti. Andrea Breth hatte damals Regie geführt; wenn ich mich recht erinnere ihre erste Rückkehr nach Berlin, nachdem sie ihre Intendanz an der Schaubühne beendet hatte. Breth führte übrigens auch Regie in der besten Opern-Inszenieruzng, die ich hier gesehen habe: Alban Bergs Wozzeck mit Barenboim am Pult.

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Angesichts solcher Erinnerungen stelle ich mir immer wieder die Frage, was aus dem Haus wohl wird, wenn die Staatsoper 2017 (so Hephaistos denn will) wieder in ihr angestammtes Haus zurückkehrt. Vermutlich steht dann auch beim Schillertheater erst einmal Renovierung an, nach allem was ich so höre. Aber klar ist meines Erachtens ebenso, dass ein derart faszinierender Bühnenbau mittelfristig nicht ungenutzt bleiben darf. Aber ob das in Berlin alle kulturpolitisch wichtigen Menschen so sehen, da man derzeit lieber neuen Intendanten vermeintlich hippe, aber an sich völlig ungeeignete Räumlichkeiten wie den Flughafen Tempelhof anbietet, darf bezweifelt werden. Zum Glück dürfte den Zauber, den das Schillertheater seinen Gäset schon bietet, wenn das Abendlicht auf das Haus und ins Foyer fällt, selbst ästhetisch unbeschlagene Kulturpolitiker spüren. Es bleibt also Hoffnung.

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Deutsche Oper Berlin

24. Januar 2016

Wie letzte Woche geschrieben, werde ich hier in den nächsten Monaten immer mal ein paar Bilder von mehr oder minder bekannten Schauspiel- und Opernhäusern einstellen, die ich mit Lego Architecture nachgebaut habe.

Die dazu Idee kam mir vor einiger Zeit, weil der Nachbau gleich aus zwei Gründen interessant ist. Zum einen fordert er mit den weißen Steinen und den bei Lego ja begrenzten Möglichkeiten (zumindest wenn man nicht 1:1 baut) zur Abstraktion der Vorlage auf. So entsteht ein ganz interessanter Kontrast zwischen Original und Miniatur, der die archtektonischen Stärken des Original betont. Man hat also an den Lego-Bauten besonders viel Spaß, wenn man eine ungefähre Vorstellung von dem Gebäude selbst hat. Zum anderen hilft der Nachbau, sich die grundsätzliche innere Struktur des Hauses – die Räume und Wege, die man passiert, bis man schließlich im Parkett oder im Rang sitzt – klar zu machen. Obwohl ich das Innenlenben der Häuser nicht nachbaue bzw. nur andeute, wenn es Fensterfassaden gibt, überlege ich beim Nachbau der Wände, welches Innenleben sich dahinter verbirgt.

Das lässt sich an der Deutschen Oper Berlin gut veranschaulichen. Wenn man sich ihr von der U-Bahn aus oder mit dem Auto nähert, wirkt die Oper ungemein abweisend. Das liegt an der massiven Außenfassade, auf der der Schriftzug des Hauses prangt und mittels der die Zuschauer vom Lärm der Bismarckstraße abgeschirmt werden sollen. Die der Straße zugewandte Wand steht aber, und deswegen war die Oper für den Legonachbau so interessant, in großem Kontrast zu den beiden Richtung Ost und West ragenden Seitenwänden, die komplett in Glas gehalten sind.

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Der Unterbau mit dem Eingangsbereich ist etwas zurückversetzt, was dem Theater zumindest von der Straße aus eher noch mehr einen äußerlich abweisenden Eindruck verleiht, weil es anders als klassische Opernbauten seinen Eingang nicht inszeniert, sondern beinahe schon verheimlicht.

Dieser Eindruck korrespondiert mit dem folgenden Eintritt in den Kassenraum und die Garderobe. Besonders letztere ist dezentral eingerichtet, was manchmal zu einer leichten Unübersichtlichkeit führen kann. Zudem merkt man gleich, dass man sich an einem Ort befindet, der allem anderen im wahrsten Wortsinn untergeordnet ist. Man spürt, dass es sich um Räume handelt, in denen man sich nicht länger aufhält, als man muss.

Belohnt wird man, wenn man die Garderobe verlässt und in das zentrale Foyer über der Garderobe aufsteigt. Es profitiert von den beiden angesprochenen Fensterfronten an der Seite des Gebäudes ungemein und ist wunderschön. Wenn man im Parkett nahe der Bühne sitzt, hat man bis kurz vor Betreten des Zuschauerraums Fenster zur Linken bzw. Rechten. Der Eintritt in den eigentlichen Opernraum wird so hervorragend inszeniert.

Im lichtdurchfluteten Foyer sind auch die eleganten beiden Treppen, mit denen man zu den höher gelegenen, von der Bühne weiter entfernten Sitzen gelangt, die in der Deutschen Oper weniger ein Rang sind als vielmehr Balkone. Die Treppen habe ich anzudeuten versucht.

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Die Deutsche Oper Berlin ist also ein Ort, der auf sehr deutlichen Kontrast zwischen der Außenwelt und der Kunstwelt setzt und ganz auf die hofft, die ohne Scheu in sie eintreten. Beim Nachbauen ist mir das sehr deutlich geworden und damit auch, wie sehr die Deutsche Oper Berlin aus einer Zeit kommt, in der sich Opernhäuser an sich noch nicht legitimieren mussten, weil zumindest für die bürgerlichen Teile der Stadt klar war, dass man dort von Zeit zu Zeit hingeht. Heute würde die Oper mutmaßlich ganz anders, offen, zugewandter gebaut werden, nicht mit dem neu-sachlichen Selbstbewusstsein des jungen Westberlin (das Haus wurde 1961 eröffnet und gab dann bekanntlich u.a. 1967 bei den Demonstrationen gegen den persischen Schah die Kulisse ab).

Der Vorteil dieser Architektur liegt auf der Hand, denke ich. Jeder Eintritt in die Oper ist bis heute ein Ereignis, immer noch wirkt das Haus als wunderbarer Ort, um den Alltag hinter sich zulassen und sich ganz dem hinzugeben, was am jeweiligen Nachmittag oder Abend geboten wird. Und dass die Deutsche Oper mit Abstand den besten Klang der drei Berliner Opernhäuser hat, ist eh kein Geheimnis und sei hier lediglich der Vollständigkeit halber erwähnt.

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